ANSATZ

Die Absicht des Projektes ist es, aus Reststoffen und vermeintlichem Abfall einen nutzbaren Gegenstand herzustellen. So kann vor einer thermischen Verwertung der Nutzungszyklus des Produkts durch eine stoffliche Verwertung verlängert werden. Upcycling ist in den letzten Jahren zu einem Trend der „Do-It-Yourself“-Kultur geworden. Der Ansatz des Upcycling-Zentrums zielt darauf ab, die Idee zu professionalisieren und eine langfristig tragfähige Struktur im Zusammenspiel der sozialen, ökologischen und ökonomischen Komponenten des Projekts aufzubauen. Das Projekt „UpZent – Upcycling-Zentrum: Ein partizipatives Geschäftsmodell zur Sensibilisierung und Implementierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft“ wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Fördervorhaben „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ gefördert.

Die Besonderheiten des Projekts sind, dass es Anforderungen der Kreislaufwirtschaft gerecht wird, aber gleichzeitig auch eine Qualifizierung und Integrationsmaßnahme darstellt. Im Upcycling-Zentrum entwickeln Designer*innen, Architekt*innen und Künstler*innen neue Produkte aus vorrangig regional verfügbaren Reststoffen. Diese werden durch Unternehmen in der Regel separiert und weitestgehend unverschmutzt auf dem Betriebsgelände zur Verfügung gestellt. Das Team der Beschäftigungsgesellschaft des Landkreises übernimmt die Sammlung und den Transport; gegebenenfalls auch eine Vorsortierung und die Vorbereitung zum Upcycling. Hand in Hand arbeiten im nächsten Schritt junge Designer*innen und andere Kreativberufe beim Gestaltungs- und Fertigungsprozess mit der Beschäftigungsgesellschaft. So entsteht ein inter- und transdisziplinäres Projektteam.

Alle Bereiche werden derzeit gemeinnützig und wertschöpfend im Landkreis Neunkirchen und in der Region Herzogenrath realisiert.

 

ZIEL

Aufgrund der immer stärkeren Nutzung natürlicher Ressourcen und deren Endlichkeit wird ein verantwortungsbewusster und umweltschonender Umgang mit unseren Lebensgrundlagen immer wichtiger. Die Abfall- und Kreislaufwirtschaft leistet durch die Rückführung von Reststoffen in den Stoffkreislauf einen wesentlichen Beitrag zur Schonung der natürlichen Ressourcen.
Der klassische Fabrikationsprozess entspricht in der Regel einem linearen Wirtschaftsmodell. Der Kreislaufwirtschaftsgedanke berücksichtigt stattdessen die Rückführung der Produkte nach ihrem ursprünglichen Gebrauch in den Stoffkreislauf (Wiederverwendung) oder zu alternativen Nutzungszwecken (Recycling).

Reststoffe lassen sich durch Recycling zu neuen Produkten verarbeiten und verleihen den Abfallfraktionen dadurch ein zweites Leben (Kaskadennutzung). Recycling zielt auf eine Reduzierung von Abfällen ab und trägt somit zur Nachhaltigkeit bei. Upcycling ist eine spezifische Form des Recyclings, bei der ein technischer Fortschritt in die gleichzeitige Modernisierung des Produktes einfließt (Werner, 2013 S. 216). Im Gegensatz zum Recycling wird beim Upcycling das minderwertige Material des Abfallprodukts sowie seine Ursprungsform genutzt, um neuere, höherwertige sowie auch wertvollere Produkte herzustellen (vgl. Kopf, et al., 2015 S. 293 und Lacy, et al., 2015 S. 107). An dieser Stelle knüpft das Projekt an die Abfall- und Kreislaufwirtschaft an, indem Abfälle und Reststoffe durch Upcycling noch einmal einem neuen Produktkreislauf zugeführt werden.

Das Auseinandersetzen mit den jeweiligen Reststoffen erfordert von den beteiligten Personen inhärent das lineare Wirtschaftsmodell – Herstellen, Nutzen, Beseitigen – in Frage zu stellen und einen Vergleich mit einer der Kreislaufwirtschaft entsprechenden Denkweise anzustreben. Durch das Projekt findet eine spannende Querschnittsdiskussion zwischen den Gestaltern, Produzenten, Nutzern und Entsorgern von Produkten statt. Die Konfrontation der Produktdesigner mit der Verwertungs- und Entsorgungsthematik im Sinne der Kreislaufwirtschaft findet hier praxisbezogen, auf regionaler Ebene und mit den verantwortlichen Unternehmen statt. Es ist nicht länger eine ausschließlich wissenschaftlich und möglicherweise auf strategischer Ebene von Konzernen geführte Diskussion. Das Projekt erreicht eine Diskussion der „Arbeitsebene“ und stößt zugleich einen Umdenkprozess auf einer unkonventionellen Ebene an. Die Transformation zu einer „Circular Economy“ ist ein bedeutender Einschnitt in unser Wirtschaftssystem; von der konventionellen „Wegwerfgesellschaft“ hin zur dauerhaften, kontinuierlichen Nutzung verfügbarer Ressourcen.

Das Projekt leistet einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung einer ressourcenschonenden Wirtschaft und Gesellschaft. Es setzt sich mit vergangenem Produktdesign auseinander, zeigt Ineffizienzen auf und wirkt damit am eigentlichen Kernproblem – dem künftigen Produktdesign im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Die jungen Designer setzten sich während des Upcycling-Projekts mit einem für sie bisher in der Ausbildung nicht thematisierten Spannungsfeld auseinander. Die „Ellen MacArthur Foundation” subsummiert wie folgt: „The next big thing in design is circular“. Der jeweils verantwortliche Produktentwickler muss sich also mit dem Thema ‚Produktverantwortung‘ auseinandersetzen; dort fängt Kreislaufwirtschaft an. Eine kaskadische Nutzung unserer Ressourcen darf künftig kein Zufall bleiben, sondern muss planvoll erfolgen.

Somit können wertvolle Reststoffe zurückgewonnen und als Sekundärrohstoff genutzt werden. Durch den Einsatz von Sekundärrohstoffen wird der Verbrauch von primären Rohstoffen reduziert, was folglich zu einer Verringerung der Umweltbelastungen führt. Das Projekt leistet seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit und führt unmittelbar zur Förderung der Wertschöpfung sowie zur Ressourcenschonung in der Region.

 

PHASEN

Das Projekt unterteilt sich in vier Phasen:

  1. Reststoffe (Stoffstromanalyse, Bereitstellung und Transport)
  2. Design (Produktentwicklung)
  3. Fertigung (Herstellungsprozess)
  4. Produkt (Vermarktung)

 

1. Reststoffe (Stoffstromanalyse, Bereitstellung und Transport)

Im Rahmen des Projektes ist es erforderlich, Zugriff auf möglichst interessante und unverschmutzte Reststoffe zu erhalten. Die Durchführung von Stoffstromanalysen sowie das Auseinandersetzen mit den Akteuren einer Region dienen der Identifizierung verfügbarer Reststoffe aus Gewerbebetrieben und Industrien sowie als Grundlage einer langfristigen Kooperation. Weiterhin war es notwendig, die Reststoffe zu quantifizieren, die Qualitäten zu bestimmen und die Bereitstellung mit den Unternehmen zu organisieren.

Als Ergebnis wurden diverse Reststoffe wie zum Beispiel Textilien, Holzpaletten sowie die unterschiedlichsten Formen von Kartonagen und Kunststoffen identifiziert. Allerdings spielt, neben der Verfügbarkeit der Reststoffe, auch die Verwertbarkeit der Materialien für das Upcycling-Vorhaben eine wesentliche Rolle. Diese kann erst durch einen kreativen und gestalterischen Ansatz im Nachgang beurteilt werden.

Insgesamt konnten bereits mehrere Kooperationen zur Bereitstellung von Palettenholz, Kartonagen, Korken, Textilien und Kunststoffen organisiert und ein langfristiger Zugriff auf die Ressourcen sichergestellt werden.
Die Sammlung und der Transport sind in der Abfallwirtschaft in der Regel zeit- und kostenintensiv. Hier muss besonders auf die Verhältnismäßigkeit bei der Planung und Logistik geachtet werden. Gemeinsam mit den Partnerunternehmen gilt es zu beurteilen, wie die Bereitstellung für beide Parteien vorteilhaft erfolgen kann. Das beinhaltet die Qualitätsprüfung, den Zugriff und die Bereitstellung, die Sammlung sowie den Transport der Materialien in die Upcycling-Werkstatt ohne den regulären Betriebsablauf zu beeinträchtigen.

2. Design (Produktentwicklung, Designprozess)

Die Professionalisierung der kreativen gestalterischen Arbeit bekommt im Hinblick auf die Vermarktbarkeit der erzeugten Produkte einen besonderen Stellenwert. Es gilt sich von konventionellen Produkten abzuheben und den Mehrwert eines Upcycling-Produkts über Materialauswahl, Design und Verarbeitungsschritte zu kommunizieren. Weiterhin spielen die Restriktionen im Fertigungsprozess, die Komplexität der Produkte und die jeweilige Fehlertoleranz eine wichtige Rolle. Der Designprozess stellt einen wesentlichen Aspekt der Produktentwicklung dar und orientiert sich immer an den individuell verfügbaren Materialien. Eine Serienfertigung muss von vornherein Berücksichtigung finden.

Im Rahmen einer Kooperation mit der „Hochschule der bildenden Künste Saar“ (HBK Saar) werden Studierende in Workshops und Seminaren in den Entwicklungsprozess neuer Upcycling-Produkte eingebunden. Die Professionalität der Entwürfe und der hohe Anspruch an das Design werten die Produktserien des Upcycling-Zentrums auf. Weiterhin bietet die Kooperation den Studierenden die Möglichkeit, ihre theoretischen Kenntnisse in einem sehr praktischen Projekt zu erproben und sich einer Situation zu stellen, die ihrem späteren Berufsleben sehr nahekommt.

Zusätzlich entstehen ständig neue Vorschläge durch Teilnehmer der Beschäftigungsmaßnahmen, eingebundene Migranten und Handwerker, die über den Arbeitsprozess mit dem Projekt in Berührung kommen.
Letztlich bietet die Gestaltung von Upcycling-Produkten eine gute Kommunikationsbasis für alle Projektteilnehmer. Hier besteht für alle die Möglichkeit, Produktideen, Gestaltungsvorschläge, Werkstoffeinsatz oder Bearbeitungsschritte einzubringen. Die Produktlinienentwicklung erfolgt dann in Steuerungsgesprächen und in enger Abstimmung der beteiligten Personen sowie in Verantwortung des Projektträgers.

3. Fertigung (Herstellungsprozess)

Die Unternehmen „AQA – Gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs GmbH des Landkreises Neunkirchen“ und „Förderverein Arbeit, Umwelt und Kultur in der Region Aachen e. V. (FAUK e. V.)“ wurden für den Herstellungsprozess der entwickelten Produkte gewonnen. Die Unternehmen stellen eine Werkstatt zur Verfügung, deren Räumlichkeiten über das Projekt mit zusätzlichen Maschinen zur Holzbearbeitung und zur Verarbeitung von Stoffen und Leder ausgestattet werden konnten.
Das Upcycling-Zentrum dient zudem als nachhaltiges und wertschöpfendes Betätigungsfeld für Arbeitssuchende und Migranten unter Anleitung von qualifiziertem Fachpersonal. So ergibt sich die Möglichkeit zur Integration und Qualifizierung von Personen. Um dauerhaft eine hohe Qualität zur Vermarktung der Upcycling-Produkte gewährleisten zu können, müssen die angewandten Verfahren standardisiert werden. Hierfür werden in regelmäßigen Abständen Abstimmungstreffen, Qualitäts-Seminare sowie Workshops zur Erstellung von Prototypen und Schablonen durchgeführt.

4. Produkt (Vermarktungsaktivitäten)

Im Projekt ist eine gemeinnützige Vermarktung der Produkte vorgesehen. Innerhalb der Projektlaufzeit wird ein geeignetes Vermarktungsinstrument entwickelt, welches auf eine langfristig tragbare Projektstruktur ausgelegt ist. Neben der Vermarktung über den Webshop wurde eine Ausstellungsfläche für die Produkte in der Stadt Neunkirchen eingerichtet. Diese ist dem öffentlichen Publikum zugänglich und bietet einen ersten Eindruck über die hergestellten Upcycling-Produkte.


PROJEKTTRÄGER 

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Ressourcen, Kreislaufwirtschaft; Geoforschung, 53170 Bonn

Projekttitel
UpZent – Upcycling-Zentrum – Ein partizipatives Geschäftsmodell zur Sensibilisierung und Implementierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft

Fördermaßnahme
Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)

Laufzeit
01.09.2019–31.08.2022

Förderkennzeichen
033R239A

PROJEKTKOORDINATOR

Das „Institut für angewandtes Stoffstrommanagement“ (IfaS) der Hochschule Trier begleitet die Modellregionen Neunkirchen und Herzogenrath bei der Entwicklung und Umsetzung des zukunftsweisenden Projekts. Das IfaS fungiert als Projektträger und ist verantwortlich für die gesamte Projektplanung, Koordination und inhaltliche Arbeit aller Partner. Der hohe Anspruch an die Projektkoordination besteht darin, dass sich das Team aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Fachdisziplinen, Altersgruppen sowie Bildungs- und Einkommensbereichen zusammensetzt.